Wer hat es noch nicht gehört: Die besorgt-skeptischen, überwiegend wohlwollenden Fragen von FreundInnen und Verwandtschaft nach der werten Gesundheit. Ist man denn ohne Fleisch fit? Brechen einem ohne Kuhmilch nicht einfach die Knochen weg? Und ohne tierisches Eiweiß Sport machen, geht das überhaupt?
Ich bin keine Ernährungswissenschaftlerin und auch die wenigsten von euch sind vermutlich welche. Trotzdem ist es wichtig, dass wir als vegan lebende Menschen gesund bleiben. Die gute Nachricht ist, dass man nicht Ernährungswissenschaften studieren muss, um sich mit einem veganen Lebensstil an bester Gesundheit zu erfreuen. Die schlechte Nachricht ist, dass nicht alles, wo "vegan" draufsteht, auch automatisch gesund für uns ist.
Prinzipiell ist die vegane Ernährung eine gesunde Lebensweise, das bestätigt mittlerweile auch die American Dietetic Association, die traditionellerweise eigentlich eher Interessen der Tier-Industrie vertritt. Während eine vegane Ernährung also prinzipiell gut ist, und eine Vorbeugung gegen Zivilisationsleiden wie Herzinfarkte, erhöhten Cholesterinspiegel, und hohen Blutdruck darstellt, sollte der Fokus doch auf ausgewogener, vollwertiger Kost liegen. Je unverarbeiteter ein Lebensmittel, desto mehr Vitamine und Nährstoffe sind nämlich darin enthalten. Was heißt das konkret? Es bedeutet, dass die Grundlage einer veganen Ernährung möglichst unverarbeitete Lebensmittel darstellen sollten - Getreidesorten wie Naturreis, Quinoa, Hirse, viel frisches (und auch rohes) Obst und Gemüse, verschiedenste Hülsenfrüchte, ein paar Nüsse und Samen und natürlich ausreichend Flüssigkeit, vornehmlich Wasser. Es bedeutet, dass wir Vollkornbrot anstatt weißem Toastbrot essen sollten, zu unserem Bohnen-Eintopf braunen anstatt weißen Reis kochen sollten, lieber in frische Äpfel beissen sollten, anstatt Obstsalat aus der Dose zu löffeln, und nicht jede Kartoffel als frittiertes Stäbchen in unseren Mund wandern sollte. Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht gelegentlich Kuchen essen dürfen, der mit weißem Mehl und viel Zucker gebacken wurde, mal einen über den Durst trinken können oder uns einen Tag lang von Pommes und Schokoladenchips ernähren dürfen. Die Grundlage unserer Ernährung soll eine vollwertige Kost darstellen, und dann kann man auch gelegentlich über die Stränge schlagen. Und eines bedeutet es auch: Vegan ist nicht automatisch gesund. Ja, Cola und Pommes sind vegan, und es gibt vegane Schlagsahne und Schokoladensauce und sogar frittiertes veganes Hühnchen, aber das sollte nicht die Basis für uns darstellen. Ich sage es hier so deutlich, weil eine ausgewogene vegane Ernährung unumgänglich ist für unsere Gesundheit, und ich möchte nicht, dass eine einzige Person krank wird durch einen falsch verstandenen Veganismus.
Damit sind wir auch schon beim nächsten Thema, und das heißt B12. Was ist so besonders an B12? Man hört öfter, dass dieses Vitamin nur in Fleisch und Milch vorkommt, was aber nicht korrekt ist. Es ist ein Vitamin, das von Mikroorganismen in der Erde gebildet wird. Tiere fressen Gras und damit auch Erde, und so wandert B12 in ihr Fleisch und ihre Milch (dass viele Tiere in der industriellen Haltung kein Gras mehr sehen, davon sprechen wir jetzt mal nicht). Das heißt, dass nicht die vegane Ernährung das Problem beim B12 ist, sondern die fortschreitende Industrialisierung - im Klartext, unser Essen ist zu sauber geworden, und das bisschen Dreck ist nicht mehr vitaminreich genug. Mit B12 ist nicht zu spaßen, da es unter anderem sehr wichtig für das Nervensystem ist. Die Lösung ist hier ganz simpel: Ein Nahrungsergänzungsmittel, um den Bedarf an B12 zu decken. Viele vegane Vereine raten dazu, und es ist wirklich kein großes Ding, ich nehme einfach täglich ein Multivitamin. Schaut mal bei eurem veganen Versandhändler, da gibt es oft genug im Angebot. Und nein, eine ausreichende Abdeckung von B12 durch Algen oder Sauerkraut kann nicht gewährleistet werden.
Was ist der Sinn dieses Posts - euch den moralischen Gesundheitsfinger ins Gesicht zu strecken, oder euch ein schlechtes Gewissen zu machen, während ihr an einem veganen Keks nascht? Nichts läge mir ferner. Ich ertappe mich nur selbst gelegentlich dabei, wie ich mir einrede, dass die Kartoffelchips und der Schokoriegel eine ausgewogene Mahlzeit sind, weil sie vegan sind. Während nichts dabei ist, sich gelegentlich an Knabbereien, Süßem oder Frittiertem gütlich zu tun, sollten wir uns nicht in die Tasche lügen, dass vegan gleichzeitig gesund ist.