Minggu, 20 Januari 2013

Besuch auf Gut Aiderbichl

Wer am Heiligen Abend auch nur annähernd in Betracht zieht, den Fernseher einzuschalten, dem ist "Weihnachten auf Gut Aiderbichl" vermutlich ein Begriff - eine kitschig-sülzige Sendung mit einer Menge Tierbabies, großen Kulleraugen, feuchten Hundenasen und noch mehr volkstümlichen Berühmtheiten. Mäh.

  Mini-Pferd und Pferd

  Am Hof

 
 Winterwunderland

Gut Aiderbichl Henndorf, ein großer Gnadenhof für gerettete Tiere, liegt praktisch ums Eck. Und trotzdem war ich in meiner veganen Karriere noch nie dort. Das hatte bisher auch einen Grund - vor einigen Jahren habe ich Gut Aiderbichl schon einmal besucht. Als Fleischesserin. Und während ich Ziegen den Bauch kraulte, Kühe respektvoll aus der Ferne beobachtete und Schweine streichelte, wurden neben mir am Weihnachtsmarkt Bratwürste verkauft - und ich meine nicht die aus Seitan. Selbst als Fleischesserin kam mir das eigenartig vor, und die Tierliebe seltsam beschränkt auf das, was sich vor unserer Nase als möglichst kuschelig präsentiert - das war für mich weder glaubwürdig noch ernstzunehmend (Natürlich waren mir diese unbehaglichen Gefühlen keine Lektion, und es sollte noch einige Jahre dauern, bis ich zur Vegetarierin wurde - ich war unbelehrbar.)

 Kuh-Spielplatz

 Streicheleinheiten für die zutrauliche Ziege

 Baby-Ziegen testen ihre Hörnchen aus

Als Veganerin blieben die Eindrücke von Gut Aiderbichl, und das tote Fleisch neben den lebendigen Attraktionen wurde für mich noch unverzeihlicher. Schließlich erfuhr ich aber, dass man auf Gut Aiderbichl doch Einsicht gefunden hatte, und auf eine rein vegetarische Küche umgestellt hatte. Da ich doch eine vielbeschäftige Person bin (immerhin verschlingt Kuchen essen einen Großteil meiner Zeit), schafften M und ich erst vor kurzem einen Ausflug nach Aiderbichl zu unternehmen  - Kinder, wie die Zeit vergeht.

Einem Züchter, der mit seinem Jagd-Produkt Mitleid hatte, verdankt dieser Hirsch sein Leben.

Das Fohlen dieser Stute ist blind - die Züchterin verkaufte beide an Gut Aiderbichl und nicht an den Metzger.

Garfield kam vom Zirkus nach Aiderbichl - und zeigte seine "artgerechten" Tricks nie wieder vor.

Ich wusste dort nicht recht, was ich erwarten sollte. Ich schwor mir, am Absatz umzudrehen, falls mir irgendjemand eine Bratwurst anbieten sollte. Oder Tiere wie Zirkusattraktionen vorgeführt würden. Oder ich mich wie im Zoo fühlen würde, mit angestarrten Kreaturen, die dort nicht hingehören. Was mich auf Aiderbichl empfing, war aber ganz anders: Sensible Information, die über Massentierhaltung aufklärt - und auch die Milchproduktion nicht beschönigt. Ausstellungsstücke, die belegen, wie grausam Tierfabriken mit ihren Insassen umgehen. Freilaufende Esel, die einen Narren an M gefressen haben. Ziegen, die gerne eine Streicheleinheit in Anspruch nehmen. Schweine, die so selig im Heu schlafen, dass man sich selbst gleich dazulegen möchte. Ein friedliches Miteinander von Mensch und Tier. Ein phänomenales Soja-Schnitzel. Und Mitarbeiter, die mit mir ein Pläuschen über ihr leidenschaftliches vegetarisches Dasein hielten.

 Die wohl riesigste Werbung für Soja-Schnitzel.

Yum.

Das ist die Realität von konventionellem Schnitzel.


Tatsächlich hat Gut Aiderbichl auf die Einwände reagiert, und bietet nun rein vegetarische und vegane Gerichte an. Als wir zu Besuch waren, gab es etwa vier bis fünf als vegan ausgewiesene Speisen, und der freundliche Koch hätte uns wohl auch noch mehr zubereitet. Aber ganz ehrlich: Das Soja-Schnitzel ist die Reise wert - ganz so, wie es sich gehört. 

 Eine "ausgediente" Milchkuh, die sich trotzdem ihres Lebens erfreut.

 Die Eselchen ziehen in Ruhe vorbei.

Schweine wissen, wie man richtig relaxed.

Natürlich hätte ich noch einige Verbesserungsvorschläge für Gut Aiderbichl. Etwa eine rein vegane Küche, die noch konsistenter mit den Grundsätzen wäre. Oder, etwas weniger ernstgemeint: Keine super-hässlichen Geschenke im Shop und bitte auch keine Volksmusik-Stars. Aber die Tatsache, dass sie Veränderung angenommen haben, ist für mich ein gutes Zeichen - da geht sicher noch mehr. Bis dahin ist mit einer Touristen-Attraktion, die auch Omi und Opi kennen, und die mit dem Finger auf Massentierhaltung zeigt, auch schon ein echtes Stück geschafft. Und die zahllosen geretteten Tiere erzählen ihre ganz eigenen Geschichten von einer grausamen Industrie ohne Herz oder Verstand - Geschichten, die berühren, und die dort zum Angreifen nahe sind. Massentierhaltung, die durch jedes einzelne Tier auf Aiderbichl nun nicht mehr industrialisert und abstrakt ist, sondern ein Gesicht und Fell oder Federn hat. Und die einen hautnah erleben lässt, dass alle Tiere einfach nur leben möchten.