Ich dachte, ich wäre nun am Ziel angekommen - als glückliche Vegetarierin. Nur eines trübte die Idylle: Ich hatte genau auf den Websites, die mir zum vegetarischen Schritt verholfen hatten, auch erfahren, dass auch für Milch und Eier Tiere sterben müssen. Und dieser Gedanke geisterte in meinem Kopf herum, während ich Pasta unter Parmesan begrub und in Restaurants Omeletts bestellte. Doch ich probierte Soja-Puddings und Schokoladen-Sojamilch und klickte mich stundenlang durch all die Info, die das vegane Internet anbot.
Kurz nachdem ich zur Vegetarierin geworden war, verbrachten M und ich einige Monate in den USA. Und mit USA meine ich hier nicht den Big Apple oder die Golden City, sondern den gutbürgerlichen, christlichen, und wenig vegetarier-freundlichen mittleren Westen. Hier wurde jeder Gedanke an eine vegane Ernährung buchstäblich durch einer großen Portion Käse im Keim erstickt - der vegetarische Teil der Karte war schließlich gratiniert und mit Sour Cream getränkt.
Gleichzeitig war ich in unserer College-Kleinstadt auch das erste Mal in einem veganen Cafe, aß meinen ersten veganen Kuchen und stärkte meine vegetarische Überzeugung: Noch nie habe ich einen so großen Bogen um die Fleischabteilung gemacht wie beim Supermarkt-Riesen Wal-Mart. Auch M hatte in den USA seine ersten vegetarischen Abenteuer und lebte in dieser Zeit komplett vegetarisch. Und ich begann wieder, über eine veganes Ernährung nachzudenken.
Wieder zuhause angekommen, war die kulinarische Wiedersehensfreude jedoch groß, mein Teller war zwar vegetarisch, aber unveganer denn je - alle gute Absichten waren wieder einmal dahin.
Schließlich fasste ich mir ein Herz und kaufte mein erstes veganes Kochbuch - es war englischsprachig und voll mit den Rezepten, die ich in den USA kennen- und liebengelernt hatte. Langsam und vorsichtig kochte und backte ich mir durch das Buch - ich kann mich noch genau an meine ersten veganen Muffins erinnern. Und ich hatte irgendwo zwischen Spinach Lasagna und Banana Bread plötzlich die Erkenntnis, dass veganes Essen richtig gut schmeckt.
Doch dann fiel ich, wie so oft, wieder zurück in alte Muster: Käse, Milch, Kuchen und Kekse aus dem Supermarkt hielten wieder Einzug in meine Küche. Warum das immer passierte, das kann ich gar nicht so richtig sagen - ich vermute, ich hatte einfach Angst vor einer dauerhaften Veränderung. Und anstelle die Dinge langsam und Stück für Stück anzugehen, legte ich lieber die Hände in den Schoß und änderte dann überhaupt nichts. Stattdessen versuchte ich das, was ich gelernt und erfahren hatte, beiseite zu schieben. Natürlich hat das nicht funktioniert.
Am Ende einigte ich mich mit mir selbst auf einen Kompromiss: Ich kochte in meinen eigenen vier Wänden vegan, und aß bei Freunden und Familie vegetarisch - zähneknirschend. Nicht ihnen, sondern mir selbst gegenüber, denn ich fühlte mich mit dieser Lösung nicht wohl. Ich fühlte mich stattdessen zu inkonsequent, um meinen Lebensstil, so ich ihn wollte, durchzuziehen; ich hatte Angst vor Änderung; und ich wollte anderen gefallen und verstellte mich dafür. In solchen Situationen war ich angespannt, verärgert und unzufrieden, und ich war selbst schuld daran.
Während ich nicht genau weiß, warum ich bei meinen veganen Versuchen so oft gescheitert bin, so weiß ich doch, warum es schließlich geklappt hat: Ich machte einen absoluten Sinneswandel durch. Ich wurde mir klar darüber, was für mich richtig und wichtig war, und was ich bereit war, dafür zu ändern - und aufzugeben. Es ging nun nicht mehr darum, ob Tofu Dip genau so schmeckt wie Frischkäse, oder wie schokoladig Soja-Kakao schmeckt, oder ob mich jemand beim Abendessen schief ansehen würde. Es ging darum, mein Leben nach meinen eigenen Werten auszurichten - und zu diesen Werten passte eine Ernährung mit Fleisch, Milch oder Eiern einfach nicht mehr. Also gab ich sie auf. Zwei Jahre nachdem ich zur Vegetarierin geworden bin, machte ich schließlich den Schritt zum Veganismus. Ich habe nie wieder zurückgeblickt.
Heute lebe ich seit fast vier Jahren vegan, seit fast sechs Jahren vegetarisch; mein Freund M lebt vegetarisch und isst zuhause nur vegan; meine Eltern leben vegetarisch und großteils vegan. Ich rühre, schneide, mixe, blanchiere und backe nun so viel, dass ich einen Blog mit den Rezepten füllen kann. Ich sehe die Veränderung um mich herum, und ich suche die Veränderung in jedem Detail. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht dankbar bin für die Art und Weise, wie ich mein Leben führen kann. Ich habe nichts aufgegeben, ich habe nur dazu gewonnen: Ich esse besser, ich fühle mich besser, und ich weiß, was für mich wichtig ist.
Ein wunderbares, veganes Picknick
Lebst du vegan oder vegetarisch? Wie ist es dazu gekommen? Oder möchtest du gerne den Schritt machen? Dann könnten dich auch diese Artikel interessieren.